Donnerstag, 27. September 2012

Hart, ehrlich, geradeaus--André Pilz, Die Lieder, das Töten

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Ja, glatte, nichtssagende Literatur gibt es zuhauf. André Pilz  ist jetzt nicht ein riesiges literarisches Werk gelungen. Das nicht, aber es ist mit wütender Feder geschrieben und grundehrlich. Starke Literatur, mit all ihren Schwächen. Nichts unbedingt  für die Liebhaber einer feinsinnigen, wortkünstlerischen Literatur. Zupackend und hart zu sich selbst und zum Leser. Ich nehme an, das André Pilz das so wollte. Das Stück Literatur ist ihm gelungen!

 Ein junger, wilder Schriftsteller ist dieser André Pilz. Rau, hart und teilweise in der Sprache obszön ist dieser Roman.
Irgendwo in Deutschland ist ein Atomkraftwerk explodiert, havariert, letztendlich egal. Die atomare Katastrophe ist geschehen. Und der tragische Held der Geschichte, Ambros, befindet sich dort draußen, mitten in der Sperrzone, wo scheinbar Chaos und Rechtlosigkeit herrscht. Er soll dort Strasser, den Anführer der Menschen, die noch in der Zone leben, finden und liquidieren. Nur langsam wird dem Leser klar, dass es sich bei Ambros um einen ehemaligen Elitepolizisten handelt, der auf Befehl der Mächtigen außerhalb handelt.
Aber was nach einem einfachen Einsatz aussieht, entpuppt sich schnell nach der Suche nach sich selbst. Denn Ambros ist ein Getriebener. Er hat seine Freundin in der atomaren Katastrophe verloren und damit die Liebe seines Lebens, den Sinn seines Lebens. Radioaktiv verseucht treibt er sich in der Zone herum. Scheinbar ziellos, planlos bis er auf eine Frau stößt. Geheimnisvoll und auch suchend. Alles erscheint den Figuren in diesem Buch sinnlos, zwecklos. Und so ist es auch geworden, dieses Leben. Schuld daran, wer weiß es schon? Kommt es in der Situation des GAU überhaupt noch darauf an?
André Pilz gibt direkt darauf keine Antwort. Zum Glück auch, denn angesichts der atomaren Katastrophe verschwinden diese Fragen. Das tägliche Überleben wird zum Lebensinhalt. Schaffung, soweit überhaupt noch möglich, von Strukturen. Alles und alle nur davon getrieben, den Augenblick, den nächsten Morgen zu erleben. In dieser Stimmung verschwinden dann auch die täglichen Malereien von schwarz und weiß. Wenn dann Pilz beschreibt, wie ein Staat als Gebilde versucht, ja verzweifelt, seine Souveränität zu bewahren, dann merkt der Leser schnell, dass die Grenzen verschwimmen. Ist es wirklich der Staat, der seine Bürger schützt? Er hat sie nicht vor dem GAU geschützt, in der letzten Konsequenz wendet er sich eigentlich nun auch gegen sie. Die staatliche Gewalt muss aufrecht erhalten werden. Und in diesem Augenblick stellt der Leser fest, dass die angeblichen Bösen nicht die sind, zu die sie der Staat machen will. Gut und böse lösen sich auf. Hoffnung besteht weder für die eine noch die andere Seite.
Und ich glaube, das will Pilz auch gar nicht. Wenn überhaupt etwas Hoffnung da ist, dann ist ein zartes Pflänzchen Liebe. Aber ob es bleibt?
Was bleibt ist ein wildes, raues, sprachlich teilweise unkorrektes Buch. Man liest die Wut, mit der André Pilz geschrieben unter dem Eindruck Katastrophe von Fukushima. Gut, dass er so geschrieben hat, glatte Literatur gibt es genug!

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