Samstag, 28. April 2012

Thomas Glavinic--Die Arbeit der Nacht

Jonas wacht morgens auf. Zunächst scheint nichts anders zu sein als sonst. Der Weg zur Bushaltestelle, das Warten auf den Bus. Alles erscheint normal, bis Jonas feststellt, kein Mensch auf der Straße, kein Bus, der fährt, ebenso keine Autos in Sicht. Wien, der Ort, der bisherigen Handlung, ist leer, bis auf Jonas. Jonas geht nach Hause und stellt schnell fest, daß er der einzige Mensch ist. Irgendwie übrig geblieben, er weiß nicht warum. Was geschah über Nacht? Geschah überhaupt etwas oder sind wir, der Leser in eine Traumwelt geraten?
Glavinic läßt nun seinen Protagonisten tagelang durch ein leeres Wien laufen. Allein auf sich bezogen, versucht Jonas sein Leben zu gestalten. Natürlich ist jetzt dieses Leben geprägt durch den Verlust. Verlust seiner Freundin Marie, die in England weilte und nicht mehr zu erreichen ist. Wie es jemanden in dieser Situation geht, wollen wir uns das überhaupt vorstellen? Trotzdem verfolgt man als Leser diese Geschichte fast schon atemlos. Jonas Hatz durch Wien und auch der Kampf von ihm mit sich selbst. Beinah schon ein Kampf gegen das sich verlieren, ja schon der Kampf gegen ein Wahnsinnigwerden. Jonas stellt irgendwann Kameras auf, um zu sehen, ob nicht doch noch andere Menschen existieren. Nur nicht allein sein, was er jedoch de facto ist. Und so zeichnet er sich selbst im Schlaf auf, um dann später sich die Bilder des "Schläfers" anzuschauen. Alles Handlungen gegen die Einsamkeit, gegen das nur mit sich sein! Und so erzeugt dieser Roman einen Sog, dem sich der Leser nicht entziehen kann. Man sollt doch meinen, das die Beobachtung einer einzelnen Person, ohne Bezug zu anderen Personen auf ca. 400 Seiten beschrieben, irgendwann langweilig werden muß. Nein, Glavinic schafft es, den Leser nicht zu langweiligen. Jede Seite birgt neues, spannendes.
Kann ein Mensch so leben? Jonas kommt dann die Idee sich nach England aufzumachen, um dort nach seiner Freundin zu suchen. Natürlich findet er sie nicht, sondern nur ihren Koffer mit Kleidungsstücken. Das ist für ihn natürlich sehr wichtig, auch der Geruch der Kleidung ist eine Erinnerung an einen geliebten Menschen. Und so endet das Buch dann auch. Keine Veränderung, keine Erklärung des Geschehenen. Das wollte Thomas Glavinic wohl auch nicht. Dargestellt werden sollte die Einsamkeit eines jeden Menschens, wir sind alle  allein, egal, ob Menschen um uns sind oder nicht. Jeder Mensch tief in sich und daran läßt sich nichts ändern. Und so endet dieser Roman dann auch folgerichtig ohne happy-end. Jonas ist allein!

Mittwoch, 11. April 2012

John Hawkes --Il Gufo. Der Henker von Sasso Fetore

John Hawkes scheint in Deutschland ein relativ unbekannter Autor zu sein. Die deutschsprachige Wikipedia enthält keinen Artikel über ihn; um etwas zu finden, muß man sich der englischsprachigen bedienen.
Il Gufo.Der Henker von Sasso Fetore ist ein seltsames Buch. So recht habe ich keinen Zugang dazu gefunden. Ein fiktiver Ort in Italien wird bestimmt von einem Henker. Eine Atmosphäre von Angst, Surrealität bestimmt die Handlung. Es soll eine Anspielung auf den Faschismus sein, so das Nachwort.
Ein Zugang zu dieser Novelle hat sich bei mir nicht eingestellt. Quälend zogen sich die Seiten dahin, sprachlich schon überzeugend, aber letztendlich nicht ein Buch, das fesselt. Zu bemüht scheint mir der Autor in seinem Versuch dem Leser seine Gedankenwelt, seine Überzeugungen aufzuzeigen.
Für mich bleibt es bei diesem Buch von John Hawkes.

Sonntag, 8. April 2012

Jean Giono--Das Lied der Welt

Von Jean Giono las ich vor einigen Jahren In Italien um glücklich zu sein; deshalb um eine Einstimmung für den Urlaub in diesem wunderschönen Land zu haben.
Nun fand ich im Internet eine Anregung mich einmal mit dem Roman Das Lied der Welt zu befassen. Keine falsche Entscheidung.  
Jean Giono war Zeit seines Lebens ein naturverbundener und auch ortsgebundener Mensch. Er lebte in der Provence (wohl nicht die schlechteste Gegend) und war der Gegend, der Landschaft sehr verbunden auch in seinem literarischen Werk. Durch Kriegserlebnisse wurde er zum Pazifisten und nach dem II. Weltkrieg der Kollaboration verdächtigt, was dazu führte, daß er einige Jahre nicht publizieren konnte (durfte?).
Das Lied der Welt ist nun auch so ein erdverbundener Roman. Eine Geschichte von Mord und Totschlag, Liebe und Hoffnung. Immer eingebettet in eine grandiose Landschaft. Einfache Mensch, nicht einfache Charaktere bestimmen die Geschichte. Menschen, mit eindeutigen Moralvorstellungen und Meinungen. Ein Wort zählt noch etwas in diesem Roman! Und immer wieder eindrückliche Schilderungen von Landschaften. Der Fluß spielt eine wichtige Rolle in diesem Roman. Er bestimmt das Leben, die Abläufe.
Vielleicht eine Bild für den Fluß des Lebens? Genau wird der Fluß in seinem Verhalten, so seltsam das klingt, geschildert. Fast schon vertraut wirkt er durch diese Beschreibung.
Aber auch etwas Kritik an diesem Roman sei erlaubt: natürlich ist die Sprache von damals (1931 erschienen), das muß man sich beim lesen klar sein. Dennoch ermüdet die Sprache mit der Zeit. Jean Giono hat zwar die Begabung sehr prosaisch und anrührend zu schreiben, andererseits wirkt er dabei nicht so frisch wie andere Autoren.
Dennoch ein Schriftsteller, der aufgrund seiner Authentizität sehr empfehlenswert ist!