Michel Houellebecqs Karte und Gebiet hat mich als Roman sehr verblüfft. Bekannt von ihm waren mir bislang Elementarteilchen und Ausweitung der Kampfzone, zwei Romane, die man getrost als pornografisch bezeichnen kann. Allerdings auch immer mit einer pessismistischen Grundhaltung. Ich erinnere mich an die Darstellung eindimensionaler Menschen, entfremdet ohne Perspektive in einer düsteren Umwelt. Pornografie als Ventil, als Flucht.
Ganz anders Karte und Gebiet. Fast schon liebevoll schreibt hier Houellebecq. Er beschreibt das Leben des Künstlers Jed Martin, ja eigentlich..., zu viel soll nicht verraten werden, denn das Ende des Romans ist so nicht unbedingt absehbar. Jedenfalls schildert er dessen Aufstieg bis hin zum teuersten Künstler seinerzeit. Natürlich eine fiktive Person. Und er bedient sich eines literarischen Tricks, er läßt sich selbst in der Geschichte auftauchen. Houellebecq macht sich selbst zum Bestandteil seines eigenen Buches. Jed Martin lernt diesen Schriftsteller kennen und schenkt ihm, als Gegenleistung für ein Vorwort zu einem Bildband, ein Porträt, das preislich in schwindelerregenden Höhen sich befindet. Und dieses Porträt ist zugleich das Schicksal des Schriftstellers Houellebecq in dem Roman. Aber nicht nur das ist ein Handlungsstrang, sondern auch das Verhältnis von Jed Martin zu seinem Vater. Sein Vater ist schwer erkrankt, stirbt auch. Zwei Menschen, die sich fremd sind und, so las ich es, versuchen sich anzunähern. Auch Jed Martins Vater als Architekt, sehr erfolgreich, ist eigentlich Künstler, konnte diese Seite seiner Persönlichkeit allerdings nie in seinem Leben ausleben. Houellebecq gelingt eine schon fast zärtliche Schilderung dieser beiden Menschen, Vater und Sohn.
Das ist es überhaupt, was diesen Roman ausmacht: eine poetische, liebevolle Sprache entwickelt Houllebecq in seinem Roman. Ich war davon absolut verblüfft. Er kann das ohne Schwierigkeiten. Eine ganz andere Seite dieses Skandalautors. Eine leichte, niemals peinliche Sprache hat er hier für sich gewählt. Schon fast unglaublich, daß hier Houellebecq schreibt. Nicht dieser grobe Sprachberserker, sondern ein feinsinniger Beobachter.
Und somit ein wunderbares Buch von einem ganz großen europäischen Autor.
Und was sagt er selbst dazu:
"Man trifft die Entscheidung, ein Buch zu schreiben, nie selbst,..., ein Buch sei wie ein Block aus Beton, der den Zeitpunkt des Abbindens selbst bestimme, und die Einwirkungsmöglichkeiten des Autors beschränken sich ihm zufolge darauf zu warten, dass der Prozess von selbst in Gang käme." (S. 244)
Dem ist nichts hinzuzufügen!
Samstag, 7. Juli 2012
Donnerstag, 5. Juli 2012
Gasperlmaier--die 2te
Da ist er nun, der zweite
Krimi mit dem Polizeiinspektor Gasperlmaier. Wieder siedelt Herbert
Dutzler die Geschichte im idyllischen Landstrich am Aussee in der
Steiermark an. Unser etwas trotteliger, immer etwas langsam von
Verstand seiender Polizist Gasperlmaier trifft schon zu Anfang der
Geschichte auf zwei Leichen. Beides sind Frauen und sie sind vom
Loser, dem Wahrzeichen der Ausseeregion zu Tode gestürzt. So sieht
es zunächst aus.
Jedoch steht es schnell
fest: Mord. Und Frau Dr. Kohlross, die taffe Polizeibeamtin, auch
eine vertraute Person aus dem ersten Krimi von Herbert Dutzler,
Letzter Kirtag, übernimmt die Ermittlungen. Und unser gemütlicher
Gasperlmaier im Schlepptau. Dieser Gasperlmaier, der eigentlich immer
nur von einem einer gepflegten Jause und einem friedlichen Dienst
träumt. Ihm, der schon bei dem Anblick der Leichen schlecht wird,
passieren immer diese Dinge! Nur keine Hektik im beschaulichen
Landstrich rund um den Aussee. Dort weit gefehlt, rasant entwickelt
sich die Geschichte und der bemitleidenswerte Gasperlmaier
mittendrin. Schnell merken die Protagonisten, dass die beiden Leichen
irgendwie etwas miteinander zu tun haben. Und die Hatz nach dem
Mörder beginnt. Ein gelungenes Tempo entwickelt der Roman. Beide,
Frau Dr. Kohlross und Gasperlmaier, sind ständig in Bewegung und auf
der Suche nach dem Mörder. Das es dann noch weitere Morde gibt,
passt in die Geschichte. Passt nicht nur, sondern wird auch von
Dutzler auch köstlich eingebaut. Dann, wenn Frau Dr. Kohlross in
einem Anflug von Ärger Gasperlmaier fragt, ob sich denn jetzt die
Ausseer gegenseitig ausrotten wollten. Es sind diese kleinen
Anekdoten, die immer wieder eingeflochten, diesem Krimi so lesenswert
machen. Und natürlich das Duo Gasperlmaier/Dr. Kohlross. Beinah ist
man geneigt zu sagen, Intellekt stößt auf Unvermögen. Aber damit
würde man der liebenswerten Figur des Gasperlmaiers Unrecht tun. Ein
bauernschlauer, durchaus gewitzter Bursche ist er. Und, ohne etwas zu
verraten, häufig mit seinen Ansichten, Gedanken und Meinungen nahe
an der Aufklärung des Falles.
Was will der Leser mehr:
erhält er doch einen rasanten und besonders von den Charakteren
lebenden Krimi mit einer gehörigen, dazu passend, Portion
Lokalkolorit.
Also: eine gelungene
Fortsetzung der Gasperlmaierschen Tollpatschigkeit!
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