Sonntag, 8. Mai 2011

Heidi von Plato; Das haarige Mädchen

Die Menge an historischen Romanen, durchaus auch in speziellen Fällen eine Modeerscheinung, ist schier unerschöpflich. Gewiss, viel Schatten ist dort vorhanden. Bei Heidi von Platos Buch Das haarige Mädchen liegt der Fall nun ganz im Besonderen. Erzählt wird die Geschichte Antonietta Gonzalez, einem sogenannten "Fellmädchen",d.h, sie ist am ganzen Körper übermäßig behaart, welches tatsächlich um 1580 herum lebte. Historisch, soweit meine Recherchen, sind genauere Lebensumstände nicht bekannt geworden. Dieses versucht Heidi von Plato dadurch zu kompensieren, daß sie das Mädchen, genannt Tognina, von Antwerpen nach Parma gehen läßt. Dort in Parma ist sie eine Abnormität an den Häusern der Adeligen. Argwöhnisch beäugt durch den Klerus. Die erste Liebe kommt hinzu, später dann die unglückliche Verheiratung mit einem Grafen. Zum Schluß verliert sich ihre Spur wie in der historischen Realität auch. Es verliert sich die Spur eines besonderen Menschen in der damaligen Zeit. Belesen, zB Rabelais; Gargantua und Pantagruel, der lateinischen Sprache mächtig.
Heidi von Plato ist, was das Verfassen von historischen Romanen anlangt, schon eine Sonderfall. Betrachtet man ihr literarisches Werk bis zu diesem Buch, so ist Das haarige Mädchen schon eine Art Ausnahme in ihrem Schaffen. Theaterstücke, veröffentlicht u. a. im renommierten Suhrkamp Verlag, stehen auf der Liste ihrer Bücher. Und nun ein historischer Roman. Aber ein besonderer! Aber auch einer, der nicht ins Schema der historischen Romane paßt, weil er ein Thema behandelt, welches den Rahmen eines historischen Romanes nicht braucht. Der Roman behandelt das Fremdsein eines Menschen in seiner Umwelt, in seiner Zeit. Nicht uninteressant, dennoch historisch nicht unbedingt erforderlich. Die Geschichte ist im Prinzip eine moderne. Der Rahmen eines historischen Romans paßt, anhand der historischen Eckdaten, dennoch wäre die Geschichte auch anders erzählbar gewesen. So bleibt eine gut erzählte und passende Geschichte, deren Hauptanliegen, die Schilderung einer Außenseiterstellung, eines Andersseins, nicht zwangsläufig in einen historischen Rahmen gemußt hätte.

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