Vielen Dank dem Haymon Verlag für dieses Buch.
Beeindruckend. Sind schon Viktor Klemperers Tagebücher eindrücklich, so kommt bei den Aufzeichnungen und Briefen von Mignon Langnas hinzu, daß hier nicht ein Hochschulprofessor wie Klemperer über diese Zeit als besessener Tagebuchschreiber Zeugnis ablegt, sondern eine junge Frau, die das Glück hat, durch ihre Tätigkeit in einem jüdischen Altenehiem in Wien der Deportation zu entkommen. Und so ist die Sprache , umgangssprachlich!
Und das macht diese Aufzeichnungen und Briefe so absolut lesenswert; Geschichte fühlbar und präsent!
Dieses Buch kann man und darf man auch
nicht mit den üblichen Maßstäben einer Rezension messen.
Mignon Langnas ist eine junge, jüdische
Frau, die Wien lebt. Sie kam 1914 mit 11 Jahren nach Wien und
überlebte die nationalsozialistische Schreckensherrschaft in Wien.
Ihre Briefe an die Verwandtschaft und
ihr Tagebuch stellen eine wichtige Quelle dar, die vom tägliche
jüdischen Leben in der damaligen Zeit zeugt.
Schon beinah erschreckend nüchtern
kommen diese Aufzeichnungen daher. Die zunächst schleichende
Veränderung des Lebens wird drastisch sichtbar. Mignon Langnas
beschreibt alles aus ihrer Position heraus. Eine Fluchtmöglichkeit
in die USA, wo Teile ihrer Familie hin geflüchtet sind, hat sie
verpasst. Sie wollte ihren Vater nicht alleine in Wien zurücklassen.
Und so verändert sich Tag für Tag ihr Leben hin zum schlechteren.
Juden dürfen ab 1939 abends und nachts nicht mehr die Straßen
betreten; es gilt ein Rundfunkverbot, ihre Radiogeräte werden
eingezogen. Der Wohnraum wird immer knapper und auch die Nahrung.
Mignon Langnas findet Arbeit in einem jüdischen Altenheim. Ja, viele
alte, jüdische Menschen blieben allein zurück in Wien, so dass die
Israelitische Kultusgemeinde ab 1938 einen erhöhter Bedarf an
Plätzen hatte. Für viele jüdische Menschen war das auch die
einzige Verdienstmöglichkeit damals, die Arbeit in diesen
Einrichtungen.
All das schildert Mignon Langnas in der
ihr eigenen Sprache. Natürlich keine literarische Sprache, sondern
ein Zeitdokument. Diese Briefe und Tagebücher geben dem Grauen einen
Ausdruck. Dem verzweifelten täglichen Kampf ums Überleben. Heute
für uns, auch wenn wir der Meinung sind darüber viel zu wissen,
enorm wichtig. Nicht nur die Texte von Mignon Langnas, auch die
Anmerkungen der Herausgeber. Es fügt sich zusammen zu einem Bild,
einem mahnenden Bild für den Leser: nicht zu vergessen, immer zu
erinnern!
Die Lektüre dieser Tagebücher und
Briefe sei unbedingt empfohlen!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.