Ja, glatte, nichtssagende Literatur gibt es zuhauf. André Pilz ist jetzt nicht ein riesiges literarisches Werk gelungen. Das nicht, aber es ist mit wütender Feder geschrieben und grundehrlich. Starke Literatur, mit all ihren Schwächen. Nichts unbedingt für die Liebhaber einer feinsinnigen, wortkünstlerischen Literatur. Zupackend und hart zu sich selbst und zum Leser. Ich nehme an, das André Pilz das so wollte. Das Stück Literatur ist ihm gelungen!
Ein junger, wilder Schriftsteller ist
dieser André Pilz. Rau, hart und teilweise in der Sprache obszön
ist dieser Roman.
Irgendwo in Deutschland ist ein
Atomkraftwerk explodiert, havariert, letztendlich egal. Die atomare
Katastrophe ist geschehen. Und der tragische Held der Geschichte,
Ambros, befindet sich dort draußen, mitten in der Sperrzone, wo
scheinbar Chaos und Rechtlosigkeit herrscht. Er soll dort Strasser,
den Anführer der Menschen, die noch in der Zone leben, finden und
liquidieren. Nur langsam wird dem Leser klar, dass es sich bei Ambros
um einen ehemaligen Elitepolizisten handelt, der auf Befehl der
Mächtigen außerhalb handelt.
Aber was nach einem einfachen Einsatz
aussieht, entpuppt sich schnell nach der Suche nach sich selbst. Denn
Ambros ist ein Getriebener. Er hat seine Freundin in der atomaren
Katastrophe verloren und damit die Liebe seines Lebens, den Sinn
seines Lebens. Radioaktiv verseucht treibt er sich in der Zone
herum. Scheinbar ziellos, planlos bis er auf eine Frau stößt.
Geheimnisvoll und auch suchend. Alles erscheint den Figuren in diesem
Buch sinnlos, zwecklos. Und so ist es auch geworden, dieses Leben.
Schuld daran, wer weiß es schon? Kommt es in der Situation des GAU
überhaupt noch darauf an?
André Pilz gibt direkt darauf keine
Antwort. Zum Glück auch, denn angesichts der atomaren Katastrophe
verschwinden diese Fragen. Das tägliche Überleben wird zum
Lebensinhalt. Schaffung, soweit überhaupt noch möglich, von
Strukturen. Alles und alle nur davon getrieben, den Augenblick, den
nächsten Morgen zu erleben. In dieser Stimmung verschwinden dann
auch die täglichen Malereien von schwarz und weiß. Wenn dann Pilz
beschreibt, wie ein Staat als Gebilde versucht, ja verzweifelt, seine
Souveränität zu bewahren, dann merkt der Leser schnell, dass die
Grenzen verschwimmen. Ist es wirklich der Staat, der seine Bürger
schützt? Er hat sie nicht vor dem GAU geschützt, in der letzten
Konsequenz wendet er sich eigentlich nun auch gegen sie. Die
staatliche Gewalt muss aufrecht erhalten werden. Und in diesem
Augenblick stellt der Leser fest, dass die angeblichen Bösen nicht
die sind, zu die sie der Staat machen will. Gut und böse lösen sich
auf. Hoffnung besteht weder für die eine noch die andere Seite.
Und ich glaube, das will Pilz auch gar
nicht. Wenn überhaupt etwas Hoffnung da ist, dann ist ein zartes
Pflänzchen Liebe. Aber ob es bleibt?
Was bleibt ist ein wildes, raues,
sprachlich teilweise unkorrektes Buch. Man liest die Wut, mit der
André Pilz geschrieben unter dem Eindruck Katastrophe von Fukushima.
Gut, dass er so geschrieben hat, glatte Literatur gibt es genug!
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