Samstag, 14. Januar 2012

Ein Lesehöhepunkt schon am Anfang des Jahres - Jan Christophersen Schneetage

Wow, das neue Jahr startet mit einem Roman, der wie ein Fels in der Brandung der Nordsee steht, ganz hoch oben in dieser Republik an der Grenze zu Dänemark. Jan Christophersens Schneetage ist ein Roman, der schon beeindruckend ist. Dabei ist besonders zu bedenken, daß es sich um das Erstlingswerk von Jan Christophersen handelt.
Der Autor erzählt darin die Geschichte von Jannis, einem Jungen, der nach dem II. Weltkrieg an der deutsch-dänischen Grenze hängen bleibt. Dort von Paul und seiner Familie aufgenommen wird. Paul kehrt aus Kriegsgefangenschaft zurück und betreibt dort mit seiner Frau, immer Chefin genannt, den Grenzkrug, eine alte Gaststätte, später dann mit Fremdenzimmern. Paul ist ein begeisteter Hobbyarchäologe, der auf der Suche nach Rungholt ist, einer Stadt versunken in der Nordsee, schon fast sagenumwoben. Und er reißt Jannis in seiner Begeisterung mit. Jannis, der mit zunehmendem Lebensalter auch immer mehr zu einem Freund  von Paul wird. Und so auch auf der Suche nach seiner eigenen Herkunft!
Dabei nutzt Christophersen zwei Ebenen in seiner Erzählung: zum einen beschreibt er die Situation 1977/78 in dem kleinen Dorf Vidtoft zur Zeit der großen Schneekatastrophe und zum zweiten blendet er zurück und erzählt so die Geschichte des Grenzkrug und seiner Bewohner. Es ist nicht unbedingt ein großer Bogen, den er spannt. Aber er spannt den Bogen geschickt und auf das Leben der Menschen bezogen. Viele Charaktere tauchen auf und versammeln sich an den Tischen der Gaststätte, Geschichten werden ausgetauscht oder auch ersponnen? Man kennt  und mag sich in diesem Mikrokosmos hoch im Norden. Und Christophersen ist ein Könner, was die Beschreibungen gerade der nordischen Landschaft angeht. Ich weiß nicht, ob ein Vergleich mit Siegfried Lenz erlaubt ist, nötig ist er auf keinen Fall, denn Christophersen hat ein eigenständiges Buch geschrieben.
Seine Landschaftsbeschreibungen, die Zeichnung von Stimmung am Meer haben mich in gänze beeindruckt. Eine klare Sprache, tolle Bilder, wie das der Okarina, was jedoch nicht  weiter erklärt werden soll, soll doch der Leser noch einiges im Buch entdecken.
An einigen Stellen des Buches hatte ich den Eindruck, der Wind von der Nordsee wird greifbar, das Geschrei der Möwen zu hören. So sehr ist Christophersen mit dem Land verbunden. Also, ein außergewöhnlicher, eindrücklicher Roman!