Donnerstag, 21. April 2011

Alois Brandstetter, Die Mühle

Alois Brandstetters Roman, Die Mühle wurde nun neu veröffentlicht im Haymon Verlag. Dies knapp 30 Jahre nach seiner ersten Veröffentlichung. Also ein Buch, das nicht neu ist. Somit stellt sich natürlich sofort die Frage: Ist das erforderlich? Hat dieser Roman noch eine Berechtigung nach so langer Zeit?
Ja, daß hat er. Seine Thematik ist nicht veraltet und auch heute gibt er dem Leser noch interessante Aspekte und Erfahrung an die Hand bzw. mit auf den Leseweg.
Der namenlose Erzähler dieses Romans berichtet seinem Neffen über Mühlen. Seine Kenntnisse hat er wiederum von seinem Onkel, der eine Mühle betrieb; nicht nur betrieb, sondern auch mit Mühlen lebte, man kann vielleicht auch sagen, durch Mühlen lebte. Also, ein Roman, dessen Thema zunächst die Mühle ist. Nun wird der geneigte Leser schnell fragen und auch durchaus berechtigt, was kann ein Buch aussagen, dessen Thema die Mühle ist. Das in toto auszuführen, würde den Rahmen hier sprengen, aber einige Aspekte sollen angeführt werden. Die Mühle ist ein Roman, der, so gewinnt man den Eindruck Wissen, Bildung vermittelt. Die Mühle ist dabei ein Sinnbild für den Ablauf des Lebens. Ein ständiges auf und ab in der Entwicklung. Anhand der Mühle, so meint der Erzähler sich beziehend auf seinen Onkel, kann diese Welt erklärbar und anschaulich gemacht werden. Und in der Tat gelingt es Brandstetter in seiner Erzählung riesige Bögen zu schlagen. Bögen in die Vergangenheit bis hin zur griechischen Antike. Kaum ein Gebiet läßt Brandstetter aus; z.B. Rembrandt. Der große holländische Maler ist auch das Kind eines Müllers und einer Bäckerstochter, viele seine Gemälde haben Mühlen als Motiv.
Da Mühlen in erster Linie im Verständnis der Protagonisten von Wasser betrieben werden, ist der weitere Schritt zu Da Vinci, dem genialen Konstrukteur der Renaissance nicht weit.
Überhaupt spielt  Wasser eine wichtige Rolle in diesem Roman. Das Wasser als Sinnbild für das Leben. Dieses bis hin zur Tatsache, daß alles Leben aus ihm kommt. Die Mühle, die am Bach steht und durch diese Verbindung klar macht, wie doch trotz aller Technisierung der Mensch auch noch von der Natur abhängig ist. Natürlich ist das heute nicht mehr unbedingt so, aber Brandstetter hält mit seinem Buch auch die Erinnerung wach, wie fragil unser Leben doch ist.  Und verbindet damit auch die Aufforderung an den Leser im Einklang mit der Natur zu leben.
Seine Sprache zeigt, daß Brandstetter aber auch eine große Freude an lustvollem Fabulieren hat. Gut, er vermittelt viel Wissen, das an einigen Stellen auch über trockene Materie, aber er tut dies auch immer mit einem Augenzwickern. Dann z.B., wenn er erzählt, wie der Onkel sich in Wien mit dem Direktor des technischen Museums über die Gestaltung der Ausstellung streitet und letztlich Hausverbot bekommt. Köstlich die Schilderung des besserwisserischen Onkels, der ohne Rücksicht auf Autoritäten seine Meinung vertritt und durchaus eine gewisse Verschrobenheit an den Tag legt. Dieses sehr gut verbunden mit den unzähligen Informationen entsteht ein Buch, das den Leser bereichert. Bereichert mit Wissen, aber auch mit der Erfahrung, daß das Leben dann am besten gelebt wird, wenn der Mensch auch die Natur und ihre Schätze anerkennt. Und damit ist die Mühle ein Symbol für Fortschritt und gleichzeitig Mahnung an die nachfolgenden Generationen dafür, daß Wissen und Erfahrung nicht verloren gehen dürfen.

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